Samstag, 15. Oktober 2011
Neues aus Neles neuem Leben
Die Arbeit auf der Kinderstation macht mir sehr viel
Freude. Ich kann inzwischen schon kräftig mithelfen. Meine Arbeit besteht ua. darin
bei den Visiten mitzuhelfen, indem ich mitprotokolliere. Auch werde ich jeden
Tag aufs Neue gefragt, ob ich nicht einen Zugang legen möchte. Jeden Tag lehne
ich es wieder ab, da es gar nicht so leicht ist bei den Kindern eine Vene zu
finden. Zum einen, weil einige ziemlich unterernährt sind, zum anderen wegen
ihrer dunklen Haut. Die Krankenschwestern haben selber dabei ihre Schwierigkeiten
und müssen es oft mehrmals probieren. Die meisten Medikamente die wir auf der
Kinderstation benötigen sind Ampicillin, Paracetamol und Quinine.
Jeden Tag betrete
ich mit gemischten Gefühlen die Kinderstation. Was wird mich heute erwarten?
Hoffentlich ist kein Kind über Nacht gestorben? Wie viele Neuzugänge haben wir?
Wird das Kind es überleben?
Am Mittwoch habe ich das erste Mal miterlebt wie ein 3
Monate altes Baby sterben musste. Man konnte nichts mehr für das Baby tun. Es
lag einfach nur auf seiner Liege und ist so langsam aber sicher dem Leben
entwischt. Es war zu spät, die Ärzte haben sich nicht mehr getraut es zu
operieren. Wäre die Mutter ein paar Tage oder auch nur ein paar Stunden früher
gekommen, wäre es eine kleine OP gewesen, aber natürlich war es jetzt schon
viel zu spät. Der Kleine ist an inneren Blutungen langsam und elendig gestorben.
Wir konnten nur zusehen, abwarten und hoffen, dass er es bald geschafft hat!!
Krass!!!
Am gleichen Tag, als wäre es heute nicht schon genug
gewesen, ist noch ein weiteres Baby von uns gegangen. 7 Tage war es alt. Es hat
geschrien wie am Spieß, bis es still war und keinen Mucks mehr von sich gegeben
hat. Ich weiß nicht wieso, weshalb, warum!!
Ich weiß nur, dass ich für diesen Tag erledigt war.
Zweimal konnte man einfach nur zuschauen und nichts dagegen tun. Zweimal war es
zu spät! Beide hätten eigentlich nicht sterben müssen, wären die Eltern früher
ins Krankenhaus gekommen. In Deutschland wäre so etwas gar nicht möglich! Aber
hier ist es alltäglich!!
Alle Kinder hier sind so tapfer!! Das ist unglaublich!!
Wir haben im Krankenhaus z.B. nur eine
Nadelgröße! Die ganz dicken, großen Nadeln. Auch für die Kinder! Würde ich als
Kind solche in meinen Arm bekommen, ich glaube ich würde schreien, treten,
wegrennen. Ach ich weiß es nicht! Auf jeden Fall weiß ich, dass ich es nicht
einfach so, wie diese Kinder,es über mich ergehen ließe!
Aufregend ist es zu sehen, wie hier geputzt wird. Ob es
wirklich richtig was bringt bezweifle ich! Ich glaube eher, dass der Dreck nur
vom einen ins andere Eck gewischt wird.
Auch wird das Selbe Wasser für alle Räume verwendet. Geputzt wird
folgender Maßen: Der Raum wird geflutet, dann wird das Wasser mit einem
Schrubber im ganzen Zimmer verteilt und zum Schluss mit einem Lappen wieder
aufgesaugt. Als nächstes wird mit demselben aufgesaugten Dreckwasser der
nächste Raum wieder geflutet! Sinnvoll?!
Auch kann ich nicht verstehen warum die Krankenschwestern
so oft vergessen Handschuhe an zuziehen. Hier sind wirklich genügend vorhanden
und trotzdem sparen sie an allem. Leider auch an den Handschuhen. Für das Putzen
ziehen sie welche an und zum Zugang legen, wo wirklich ab und zu viel Blut
fließt, ziehen sie leider keine an. Da kann ich nur den Kopf schütteln und
sagen, wie kann man nur so dumm sein. Andererseits denke ich mir. Naja
vielleicht wissen sie, dass sie schon mit verschiedenen anderen Krankheiten
infiziert sind und nun eh nicht mehr aufpassen müssen. Aber ich weiß es nicht!
Ist nur so eine Überlegung von mir! Hier wird ja eh so viel verheimlicht und
vertuscht!
Vor kurzem wurde eine der Krankenschwestern von einer
Schlange gebissen. Hier im Krankenhaus gibt es kein Gegengift, da es viel zu
teuer ist und es sich eh niemand leisten kann. Auch ist die Aufbewahrung eines
solchen Gegenmittels ziemlich aufwändig. Und so hat man der Frau, anstelle von
dem Gegengift, schwarze Steine auf den Biss gelegt, mal sehen ob die helfen.
Man kann eigentlich nur hoffen, dass es keine Giftschlange gewesen ist,
ansonsten, daran will ich nicht denken.
Erfreulich ist, dass die Stationsleiterin von der
Kinderstation sehr nett zu mir ist. Sie ist nicht viel Älter als ich, 24. Ihr
Name ist Bernadeta. Es macht wirklich sehr viel Spaß mit ihr zusammen zu arbeiten.
Auch ist es toll von ihr, dass sie mir so geduldig Kiswahili beibringt. Sie ist
eine fabelhafte Lehrerin;-)
Am Donnerstag war der 13. und jeden Monat am 13 ist ein
großer Markt in Litembo. Also war ich natürlich dort, wie alle hier. Bernadeta
hat mich nämlich gefragt, ob ich mit ihr hin möchte. Da hab ich natürlich nicht
nein gesagt. Der Markt ist echt schön. Aber es ist ziemlich nervig, dass man
von allen angestarrt, als Wasungu bezeichnet und angelangt wird. So habe ich es
nicht mal gemerkt, obwohl ich wirklich sehr aufgepasst habe, da mich Bernadeta
schon vorgewarnt hat, dass ich beklaut werde. Nun habe ich kein Handy mehr! Na
toll! Das ist echt schlimm hier! Die Diebe sind wirklich sehr geschickt! Bei
ihr haben sie es auch versucht, sie hat es zum Glück gemerkt! Jetzt muss ich
sehen, wo ich ein neues Handy kaufen kann. Das ist gar nicht so einfach hier!!
Entweder in Mbinga oder in Songea, aber wann ich da das nächste Mal dort hinkomme
weiß ich noch nicht! Also heißt es für mich nun erst mal - ohne Handy leben!
Das ist hier sehr schwierig, da sehr viel miteinander telefoniert wird. Zum
Trost hat mich Bernadeta zu sich nach Hause mitgenommen zum Mandazi essen. Das
sind kleine Teigküchle, die im Fett gebacken sind und dadurch nur so von Fett
triefen. Aber leider, sehr zum Nachteil für die Figur, vorzüglich schmecken.
Auf dem Markt habe ich das erste Mal in meinem Leben Moa
(Zuckerrohr) gegessen. Mega süß und lecker! Aber es ist eine Kunst es zu essen!
Zurzeit habe ich 4 kleine Hundebabys hier im Garten. Zwei
darf ich hierbehalten, die anderen beiden werden bald verkauft. Dann habe ich
wenigstens zwei Wachhunde, die hier auf mich aufpassen und außerdem bin ich
nicht mehr so alleine ;-)
Naja so ganz alleine war ich noch nie, da ich immer
unerwünschte Gäste in meinem Zimmer habe. Ob Maus oder Gecko, Wurm oder Flöhe.
Irgendwer ist immer da. Leider! Aber jetzt habe ich raus gefunden, wie ich den
Flohbefall in meinem Zimmer bekämpfen kann. Mit Anti Brumm! Das ist das Einzige,
was gegen dieses Ungeziefer hilft. Nein ich mache keine Schleichwerbung!! Das
ist die wahre Tatsache. Gegen diese Tiere helfen kein Autan und auch kein
Nobite. Es hilft nur Anti Brumm ;-)
Letzten Freitag hatte ich die Möglichkeit mit nach Mbinga
zu fahren. Da habe ich dann mal Kobi, einen anderen Freiwilligen, besucht. Wie
haben etwas das Städtchen erkundet. Wirklich hübsch.
Die Fahrt nach Mbinga und wieder zurück war sehr
aufregend. Es war nämlich die letzten Tage über kein schönes Wetter. Genau das
Gegenteil wie man sich das Wetter in Afrika vorstellt! Regen und Kälte!
Dementsprechend sahen auch die Straßen aus. Die Fahrt dauerte anstatt den normalerweise
45 Minuten ca. 1,5 Stunden und war noch holpriger und rutschiger, als sie eh
schon ist. Auf der Fahrt haben wir auch mehrere Unfälle gesehen. Deswegen war
ich heil froh, als ich wieder in Litembo ankam.
Wie ihr seht bzw. lest merkt ihr, dass es mir gut geht,
aber dass das Leben hier gar nicht so einfach ist. Oftmals bzw. eigentlich
immer noch vergleiche ich Situationen hier mit Deutschland. Aber damit muss ich
endlich aufhören. Man kann das Leben, das Krankenhaus und die Arbeit im
Krankenhaus hier, nicht mit dem in Deutschland vergleichen. Das ist unmöglich!!
Wir müssen es mehr schätzen lernen, was wir eigentlich
alles in Deutschland haben!!! Wie gut es uns doch in Deutschland geht!! Was für
einen Luxus wir haben!!
Die Menschen hier haben den ganz bestimmt nicht!! Aber
sie sind trotzdem glücklich und leben zufrieden!
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